Am 17. April 2025 hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 2,25 % gesenkt – den siebten Rückgang seit Juni 2024. Hintergrund sind anhaltend schwache Wachstumsperspektiven in der Eurozone, begünstigt durch hohe Unsicherheit infolge US-Zollmaßnahmen und weiterer geopolitischer Risiken. Gleichzeitig hat die jährliche Inflationsrate auf 2,2 % im März nachgelassen, was den geldpolitischen Spielraum erweitert. Die Finanzmärkte reagierten prompt: Euro und Anleiherenditen fielen, während Händler nun mit einer Wahrscheinlichkeit von 75–90 % auf einen weiteren Zinsschnitt im Juni wetten. Für das Jahresende sind bis zu drei weitere Absenkungen möglich, um Wachstum und Investitionen zu stützen.
Ausführliche Einleitung
Am 17. April 2025 hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) den Hauptrefinanzierungssatz um 25 Basispunkte auf 2,25 % gesenkt, was den siebten Zinsschritt nach unten in mittlerweile zehn Monaten markiert. Mit dieser Entscheidung reagiert das geldpolitische Gremium auf anhaltend schwaches Wirtschaftswachstum und zunehmende Disinflationsrisiken innerhalb der Währungsunion. EZB‑Präsidentin Christine Lagarde betonte die Notwendigkeit politischer Agilität und Datenabhängigkeit angesichts der hohen Volatilität an den Märkten.
Analyse der aktuellen Lage
Die konjunkturelle Erholung in der Eurozone stagniert derzeit: Nach einem moderaten Anstieg der Wirtschaftsleistung um 0,2 % im vierten Quartal 2024 blieb das Wachstum im ersten Quartal flau, trotz eines leichten Aufschwungs im verarbeitenden Gewerbe und Dienstleistungssektor, wie der jüngste Einkaufsmanagerindex zeigte. Gleichzeitig ist die Inflation auf 2,2 % im März gesunken, nachdem sie im Februar noch bei 2,3 % lag, wobei besonders die Energiepreise rückläufig waren. Die Wirtschaftssentiments leiden zudem unter der anhaltenden Unsicherheit, die durch US‑Zollmaßnahmen und volatile Rohstoffmärkte befeuert wird.
Motivation der politischen Entscheidung
Auslöser für den erneuten Zinsschritt ist insbesondere die erhebliche Unsicherheit durch die von den USA verhängten Zölle. Präsident Donald Trump hatte kurzfristig Zölle von 20 % auf EU‑Importe angekündigt, wobei eine Aussetzung für 90 Tage vereinbart wurde, ohne jedoch einen dauerhaften Rückzug zu signalisieren. Diese Politik generiert laut Lagarde ein „beispielloses Maß an Volatilität“, wodurch traditionelle geldpolitische Bezugsgrößen wie das Neutralzinsniveau an Aussagekraft verlieren. Darüber hinaus hat Lagarde auf zusätzliche Risiken hingewiesen, etwa geopolitische Spannungen im Verteidigungs‑ und Energiesektor, die das Preisniveau weiter belasten könnten.
Auswirkungen für Wirtschaft, Unternehmen und Geopolitik
Die Zinssenkung dürfte die Kreditkosten in der Eurozone weiter senken und damit Anreize für Unternehmen schaffen, Investitionen voranzutreiben und das Wachstum zu unterstützen. Gleichzeitig stellen niedrigere Zinsen eine Belastung für Bankensektoren dar, da die Zinsmargen schrumpfen, auch wenn die EZB betont, dass die langfristigen Finanzierungsbedingungen insgesamt verbessert bleiben. Unternehmen, die bereits unter externem Druck durch anhaltende US‑Zölle leiden, können durch günstigere Refinanzierungskosten teilweise entlastet werden. Auf geopolitischer Ebene verdeutlicht die EZB‑Entscheidung die enge Verzahnung zwischen Geldpolitik und internationalen Handelskonflikten, indem sie versucht, die Binnenwirtschaft gegen externe Schocks zu stabilisieren.
Ausblick und Prognose
Die Finanzmärkte preisen mittlerweile eine 75–90 %ige Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Leitzinsschnitt bereits im Juni ein und erwarten bis zu drei weitere Absenkungen bis Jahresende. Die EZB hat unterdessen klargestellt, dass künftige geldpolitische Entscheidungen datenabhängig und flexibel bleiben und vom Verlauf der Handelsstreitigkeiten sowie der Entwicklung der Kerninflation geleitet werden. Ökonomen rechnen damit, dass die Inflationsrate mittelfristig um die 2 % pendelt, während Marktprognosen ein mögliches Leitzinsniveau von 1,75 % bis 2,00 % zum Jahreswechsel in Betracht ziehen. HSBC hat bereits ihre Inflationsprognosen unter das 2 % Ziel gesenkt, was weiteren geldpolitischen Spielraum eröffnet.