Am Auftakt der Paris Air Show 2025 demonstriert Airbus eindrucksvoll seine Vormachtstellung: Mit Aufträgen im Wert von fast 10 Mrd. USD setzt der europäische Konzern klare Zeichen — und das, während Boeing nach dem tragischen Absturz einer Boeing 787 und hohen geopolitischen Spannungen auffallend zurücktritt.
Auf der Paris Air Show 2025 offenbart sich ein gespaltenes Bild der globalen Luftfahrtbranche: Während Airbus mit Milliardendeals und technologischer Führerschaft glänzt, kämpft Boeing im Schatten einer neuen Tragödie. Der Absturz einer Boeing 787 in Indien mit 265 Toten überschattet nicht nur die Leistungsschau, sondern lässt auch den geplanten Mega-Deal mit den Arabischen Emiraten stocken – mit potenziell weitreichenden Konsequenzen für das Wettbewerbsgleichgewicht.
Airbus feiert bereits am ersten Messetag spektakuläre Erfolge. Den Höhepunkt bildet eine Großbestellung aus Saudi-Arabien: Der staatliche Leasingkonzern AviLease (gesteuert vom Staatsfonds PIF) orderte 30 A320neo-Kurzstreckenjets und 10 A350F-Frachtmaschinen, mit Optionen für weitere 37 Flugzeuge. Parallel unterzeichnete die neue Fluggesellschaft Riyadh Air einen Deal über 25 Langstrecken-A350-1000. Das Gesamtpaket hat einen Listenwert von rund 8 Milliarden US-Dollar. Ergänzt wird dies durch eine strategische Entscheidung aus Europa: LOT Polish Airlines bestellte erstmals Airbus-Flugzeuge (40 A220) und leitete damit eine Flottenmodernisierung ein, die perspektivisch bis zu 84 Jets umfassen könnte. Technologisch unterstreicht Airbus seine Vorreiterrolle mit wasserstofftauglichen A350-Prototypen und dem A320neo, der bereits heute mit 50% nachhaltigem Flugtreibstoff (SAF) betrieben werden kann – ein Schritt zur geplanten 100%-Kompatibilität bis 2030.
Doch während Airbus triumphiert, stürzt Boeing in eine tiefe Krise. Auslöser ist der Absturz von Flug AI171 in Ahmedabad (Indien) nur 48 Stunden vor Messebeginn. Erste Untersuchungsergebnisse deuten auf ein doppeltes Triebwerksversagen der Boeing 787 („Dreamliner“) hin – ein extrem seltener, katastrophaler Defekt. Das automatische Ausfahren der Notfallturbine (Ram Air Turbine) gilt als Indiz für diesen Totalausfall. Die indische Luftfahrtbehörde DGCA reagierte umgehend: Sie ordnete Notinspektionen aller Dreamliner mit Genx-Triebwerken an und prüft ein vollständiges Flugverbot für die 787-Flotte. Zudem fordert sie Boeing auf, sämtliche technischen Vorfälle der letzten 15 Tage offenzulegen. Die Börse strafte den Konzern umgehend ab: Die Aktie verlor 8% an Wert. Messebesuchern blieb CEO Kelly Ortberg demonstrativ fern – ein symbolischer Rückzug im Wettbewerbsduell.
Diese Sicherheitskrise hat unmittelbare Auswirkungen auf Boeings Geschäfte. Wie Branchenkreise bestätigen, liegt der geplante Mega-Deal mit den Arabischen Emiraten auf Eis. Drei Gründe sind entscheidend: Erstens erschüttert der erneute Dreamliner-Vorfall das Vertrauen in Boeings Qualitätsmanagement – ein K.-o.-Kriterium für emiratische Entscheider, die höchste Sicherheitsstandards fordern. Zweitens nutzen die Emirate die Situation geschickt, um bei Preisverhandlungen zusätzlichen Druck auszuüben. Drittens beobachten Golfstaaten aufmerksam die Reaktion europäischer Airlines: Carrier wie Lufthansa (mit nur noch 19 aktiven Boeing 747) oder British Airways (Dreamliner-Betreiber) prüfen bereits Flottenumstellungen – ein Warnsignal für Boeing.
Airbus-CCO Christian Scherer betonte nach dem Absturz taktvoll: „Sicherheit steht über Wettbewerb. Jeder Unfall ist statistisch inakzeptabel.“ Doch während sein Konzern mit 238 Neuorders am ersten Tag die Marktführerschaft zementiert, steht Boeing am Abgrund. Kurzfristig hängt alles an der Auswertung der Blackbox: Technische Schuldbeweise könnten globale Flugverbote und Stornierungen auslösen. Mittelfristig muss Boeing Investoren von seiner Restrukturierung überzeugen – Qualitätskontrolle und Lieferketten bleiben chronische Schwachstellen.
Die Paris Air Show 2025 markiert eine historische Wegscheide: Airbus dominiert nicht nur durch Orders, sondern auch durch technologische Zukunftsfähigkeit. Boeing hingegen kämpft um Glaubwürdigkeit. Ob der Konzern die Wende schafft, hängt von zwei Faktoren ab: einer technischen Entlastung im Indien-Unglück – und einer diplomatischen Offensive in den Emiraten. Die Uhr tickt laut.
Analyse der aktuellen Lage
Airbus sichert sich am ersten Messetag ein Paket aus Großaufträgen, allen voran von Saudi-Arabiens AviLease (30 A321 + 10 A350F), Riyadh Air (25 A350‑1000), sowie LOT Polen mit 40 A220 – zusammen rund 10 Mrd. USD. Boeing hingegen hält sich bedeckt, abgesichert durch die Entscheidung, nach dem Air-India-Unglück CEO‑Besuche abzusagen .
Faktoren für die Entwicklung
- Air-India-Katastrophe: Der Absturz der Boeing 787 schwächt das Vertrauen in Boeing und schlägt sich unmittelbar in dessen Präsenz und Orderbuch nieder .
- Geopolitische Großaufträge: Saudi-Arabien treibt seine Luftfahrtstrategie mit erheblichen Verstärkungen voran – PIF-finanzierte Investitionen stützen Airbus massiv .
- Technologische Wettbewerbsvorteile: Airbus setzt auf effiziente A350‑Langstreckenmaschinen und emissionsarme Single-Aisle-Jets – deutlich sichtbarer Vorteil in Zeiten höherer Umweltauflagen.
- Lieferkettenlogistik: Airbus verkauft bevorzugt Modelle mit kürzeren Lieferzeiten, während Boeing mit Produktionsengpässen kämpft.
Prognose und Ausblick
Kurzfristig (Wochen): Airbus-Aktien dürften von der Ordershow profitieren. Boeing steht unter Abgabedruck, solange das Vertrauen nicht zurückkehrt.
Mittelfristig (Monate): Weitere Folgeaufträge aus dem Golfraum und Partnerschaften (z. B. mit ANA, Embraer) festigen Airbus’ Marktstellung. Boeing kann nur bei einem glaubwürdigen Relaunch wieder Boden gutmachen.
Langfristig (1–2 Jahre): Airbus könnte seine Dominanz bei Single- und Widebody-Programmen weiter ausbauen, während Boeing durch interne Neuorganisation und mögliche neue Aufträge reagieren muss.
Auswirkungen auf Investoren und Börsen
- Airbus (AIR): Starkes Wachstumssignal – mögliche Kurssteigerung im zweistelligen Prozentbereich erwartet.
- Boeing (BA): Volatilität belastend – Kursrisiken durch Image- und Sicherheitsprobleme.
- Zulieferer: Tesche LN geht als Airbus-Supplier mit; Spirit AeroSystems leidet unter Boeings Rückzug.
- Regionale Märkte: Saudi-Arabien profitiert von Auftragsinvestitionen; Frankreich und Polen gewinnen strategisch.
Handelsempfehlung
- Airbus
- Empfehlung: Buy
- Rating: Outperform
- Kursziel: 180 EUR (12 Monate)
- Potenzial: +20 %
- Zeithorizont: Kurz- und mittelfristig (6–12 Monate)
- Katalysatoren: Weitere Aufträge, steigende Margen, Autonomiefokus, Umweltregulationen
- Boeing
- Empfehlung: Underperform
- Rating: Underweight
- Kursziel: 180 USD (12 Monate)
- Potenzial: –10 %
- Zeithorizont: Kurzfristig (bis 6 Monate)
- Risiken: Produktion, Sicherheit, Nachfrageverlagerung
Vergleichbare Aktien
- Embraer (ERJ): Zulieferer in Regionalflugzeugsegment – mittel- bis langfristig Aufwind durch Showauftritt
- GE Aerospace: Indirekt betroffen, da Boeing-Krise auch Motorenlieferanten trifft
- IAG / Lufthansa: Analyse der Flottenstrategie beeinflusst Nachfrage nach Airbus-Typen
Fazit
Airbus bestätigt mit Megaaufträgen und Lieferpolitik seine Führungsrolle – angetrieben durch strategische Golfkooperationen und flexiblere Technologieansätze. Boeing hingegen steht vor entscheidenden Herausforderungen: Sicherheitsimage und Produktionskapazitäten müssen adressiert werden, um Anschluss zu halten. Für Investoren gilt daher: Airbus-Aktien bleiben erste Wahl, Boeing sollte defensiver gewichtet werden – das Momentum liegt eindeutig auf europäischer Seite.