Der US-Dollar-Index (DXY), der den Greenback gegenüber einem Währungskorb aus Euro (57,6 %), Yen (13,6 %), Pfund Sterling (11,9 %), Kanadischem Dollar (9,1 %), Schwedischer Krone (4,2 %) und Schweizer Franken (3,6 %) misst, notiert aktuell bei rund 99,00 Punkten – ein Tiefstand, der seit Jahresbeginn einen Abwärtstrend von über 10,6 % markiert 610. Dieser Einbruch spiegelt eine tiefgreifende Krise des „Brand USA“ wider, die durch makroökonomische Schwächen, politische Unsicherheiten und eine schwindende globale Dominanz der US-Währung getrieben wird.
Technische Signale verstärken die Abwärtsdynamik
- Der DXY durchbrach kürzlich die kritische Unterstützungszone bei 99,40/47, was technisch eine Fortsetzung des Abwärtstrends signalisiert 10.
- Ein weiterer Rückgang auf 97,71–98,39 (2018er Hoch und 61,8 %-Fibonacci-Retracement) wird von Analysten als wahrscheinlich eingestuft, sollte der Index unter 98,79 fallen 1012.
- Der RSI (Relative Strength Index) zeigt weiterhin „starken Verkauf“ an, während der Index unter seinen gleitenden Durchschnitten (50-Tage/200-Tage) notiert 812.
Faktoren der Dollar-Schwäche: Ein multidimensionaler Krisenherd
1. Makroökonomische Erosion
Die US-Wirtschaft verliert an Schwung:
- Arbeitsmarktdaten zeigen eine Entspannung, mit steigenden Arbeitslosenquoten und rückläufigen Stellenausschreibungen.
- Das Wachstum lag 2024 bei 2,7 %, übertrumpfte zwar andere Industrieländer, doch Prognosen für 2025 deuten auf eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 45 % hin – getrieben von Handelskonflikten und sinkenden Unternehmensinvestitionen 411.
- Das Handelsdefizit der USA beläuft sich auf 4,2 % des BIP (Stand September 2024) – ein strukturelles Problem, das langfristigen Abwertungsdruck erzeugt 3.
2. Geldpolitische Zerrissenheit
Die Federal Reserve (Fed) befindet sich im Dilemma:
- Zwar hält die Fed an einem restriktiven Kurs fest, doch die Märkte erwarten 44 Basispunkte an Zinssenkungen bis 2025 – deutlich weniger als die 110 Basispunkte der EZB 34.
- Die Inflationsdaten (Core PCE) bleiben volatil. Sollten die Werte unter Erwartungen bleiben, könnte dies weitere Dovish-Signale auslösen 10.
3. Handels- und Geopolitische Risiken
- Trump’s Zollpolitik: Die jüngsten Ankündigungen von 20 % Zöllen auf EU-Importe und 25 % auf Autos haben die wirtschaftliche Unsicherheit auf ein Niveau oberhalb der Finanzkrise 2008 getrieben 11.
- „Mar-a-Lago Accord“-Spekulationen: Wirtschaftsberater Stephen Miran plant eine koordinierte Dollar-Abwertung ähnlich dem Plaza-Abkommen von 1985, um die US-Industrie zu stärken. Dies würde jedoch die globale Finanzarchitektur destabilisieren 11.
- Rating-Herabstufung: Moody’s senkte die US-Kreditwürdigkeit um eine Stufe, was Vertrauensverluste bei ausländischen Investoren auslöste 6.
4. Globale Portfolioumschichtungen
Ausländische Investoren reduzieren ihre Übergewichtung in US-Vermögenswerten:
- Kapitalabflüsse: Die Netto-Verkaufsposition im Dollar beträgt 17,32 Mrd. USD – der höchste Wert seit Juli 2023 6.
- Absicherungsstrategien: Europäische Fonds hedgen nur noch 50 % ihrer US-Aktienpositionen (vs. 67 % im Langzeitdurchschnitt), was zusätzlichen Verkaufsdruck generiert 4.
Prognose: Kurzfristiger Abwärtspfad, langfristige Strukturprobleme
Kurzfristig (1–3 Monate)
- Zielzone 95,00: Technische Analysen deuten auf ein Abwärtspotenzial von 4 % hin, falls der DXY unter 98,79 fällt 1012.
- Katalysatoren: Schwache Arbeitsmarktdaten (NFP-Bericht am 6. Juni), dovish-Fed-Rhetorik und Eskalationen im Handelsstreit mit der EU 611.
Mittelfristig (6–12 Monate)
- Euro-Aufschwung: Der EUR/USD könnte auf 1,29 steigen, gestützt durch Europas Infrastrukturinvestitionen und eine stärkere Rolle des Euro als Reservewährung 47.
- Strukturelle Dollar-Risiken: Die US-Staatsverschuldung von 36,2 Bio. USD und Trumps Steuerpläne könnten die Defizite weiter aufblähen 611.
Auswirkungen auf den Devisenmarkt
Währungspaar | Trend | Auslöser |
---|---|---|
EUR/USD | ▲ Aufwärts | Euro-Stärke durch politische Stabilisierung und Kapitalumschichtungen 47 |
GBP/USD | ▲ Aufwärts | Brexit-Erholung und Dollar-Schwäche treiben auf 39-Monatshoch 12 |
USD/JPY | ▼ Abwärts | Yen als Safe-Haven gewinnt; BoJ behält lockere Politik bei 12 |
Handelsstrategie: Sell the Rally
- Empfehlung: Verkäufe bei Zwischenerholungen auf 100,35–100,65 (38,2 %/50 % Fibonacci) 10.
- Stopp-Loss: Oberhalb von 101,98 (Jahreshoch April 2025) 10.
- Alternativen: Diversifikation in Gold (20 % der globalen Reserven) und europäische Aktien, die von Europas Konjunkturpaketen profitieren 47.
Fazit: Ein Paradigmenwechsel für den Greenback?
Der US-Dollar durchlebt nicht nur eine zyklische Schwächephase, sondern einen strukturellen Vertrauensverlust. Die Kombination aus politischer Volatilität, Handelskonflikten und schwindender „US-Exzeptionalität“ beschleunigt eine globale Portfolioumschichtung – hin zum Euro und Gold 4711.
Für Anleger bedeutet dies: Absicherungsstrategien und gezielte Diversifikation sind essenziell, um Währungsrisiken zu minimieren. Der Dollar mag zwar kurzfristig Erholungen zeigen, doch der langfristige Trend deutet auf eine Ära der Neuausrichtung hin.
Quellen: Bloomberg, Reuters, J.P. Morgan Asset Management, ECB, TradingView