Der deutsche Leitindex DAX startete mit einem kräftigen Sprung von 0,9% auf 24.246 Punkte in den Handel – befeuert von der überraschenden Ankündigung eines Handelsabkommens zwischen den USA und Japan. US-Präsident Donald Trump verkündete frühmorgens ein „massives“ Abkommen mit gegenseitigen Zöllen von lediglich 15% statt der geforderten 25%. Die Tokioter Börse reagierte euphorisch: Der Nikkei-Index schoss um 3,5% auf über 41.000 Punkte, höchster Stand seit Juli 2024. Analysten werten den Deal als potenzielle Blaupause für die stockenden EU-USA-Verhandlungen, deren Deadline am 1. August wie ein Damoklesschwert über den Märkten hängt.
Parallel überschattete jedoch ein herber Rückschlag für die europäische Bankenkonsolidierung die Stimmung: Die italienische Großbank UniCredit zog ihr Übernahmeangebot für Banco BPM zurück. Grund sind unerfüllbare Auflagen der italienischen Regierung im Rahmen der „Golden Power“-Regeln. Diese verlangten unter anderem:
- Einen unbegrenzt fixierten Einlagen-Kredit-Rahmen,
- Verkaufsverbote für italienische Staatsanleihen durch die BPM-Tochter Anima,
- Den vollständigen Rückzug UniCredits aus Russland binnen neun Monaten.
CEO Andrea Orcel brandmarkte die „anhaltende Unsicherheit“ der Regularien als Hauptgrund und nannte den Abbruch eine „verpasste Chance für Italiens Wirtschaft“. Die EU-Kommission hatte Rom zuvor in einem Schreiben kritisiert, die Bedingungen könnten „rechtswidrig“ sein – doch die Intervention kam zu spät.
Im Fokus: Commerzbank und Quartalszahlen
Der Rückzug aus dem BPM-Deal lenkt den Blick auf UniCredits zweites Expansionsprojekt: die Commerzbank. Als größter Aktionär (knapp 30%) positioniert sich die Mailänder Bank strategisch für eine mögliche Übernahme ab 2026. Die EZB und das Bundeskartellamt hatten jüngst grünes Licht für eine Anteilsaufstockung gegeben. Die Commerzbank selbst meldete 2024 einen Rekordgewinn von 2,7 Mrd. Euro und plant bis 2028 eine Eigenkapitalrendite von 15% – eine solide Basis für weitere Konsolidierungsgespräche.
Anleger blicken zudem gespannt auf die anrollende Berichtssaison: Nach Börsenschluss stehen SAP (mit Fokus auf Cloud-Wachstum trotz Zollunsicherheiten) und Tesla auf dem Programm. Morgen folgen unter anderem Alphabet und IBM.
Tabelle: Börsenperformance ausgewählter Indizes am 23. Juli (Stand: Handelseröffnung)
Index | Perfomance | Stand (Punkte) |
---|---|---|
DAX (Deutschland) | +0,9% | 24.246 |
Nikkei (Japan) | +3,5% | 41.171 |
Dow Jones (USA) | +0,4% (Vorabend) | 44.502 |
CSI 300 (China) | +0,7% | – |
Ausblick: Zwischen Hoffnung und Damoklesschwert
Während die deutsche Finanzpolitik 2026 mit einem Fiskalimpuls von 1,3% des BIP Konjunkturspritzen plant , bleibt die Handelsfrage akut: US-Handelsminister Lutnick signalisierte Zuversicht für ein EU-Abkommen, doch Analysten mahnen zur Vorsicht. „Auch bei einem Deal droht anhaltende Unsicherheit“, warnt Jochen Stanzl (CMC Markets).
Unternehmen wie SMA Solar (Quartalsverlust) und Stellantis (Halbjahresminus von 2,3 Mrd. Euro) zeigen zudem, wie sehr Zollrisiken und Transformationskosten weiterhin auf den Bilanzen lasten. Die „Made for Germany“-Initiative von 61 Konzernen – darunter Siemens und Deutsche Bank – verspricht zwar Investitionen von 631 Mrd. Euro bis 2028. Doch ob dies genügt, um Europas größte Volkswirtschaft aus der strukturellen Trägheit zu heben, wird dieser Börsentag nicht beantworten.