Nach zwei schwächeren Wochen meldet sich der deutsche Leitindex mit spürbarem Schwung zurück. Zum Wochenauftakt (Montag, 10. November 2025) tragen die Aussicht auf ein baldiges Ende des US-Government-Shutdowns, feste Futures in Europa, ein robuster Bankensektor und solide Vorgaben aus Asien die Kurse. Charttechnisch wirkt der Bereich um 23.500 Punkte erneut als Haltezone; intraday-Dips werden gekauft, die 24.000er-Marke rückt wieder ins Blickfeld. Parallel stabilisieren sich Ölpreise, während Gold von sinkenden Zinsangst-Prämien profitiert – ein Signal, dass die Märkte zunehmend auf „Policy-Entspannung“ statt „Schockrisiken“ setzen.
Aktuelle Lage: Technische Erholung mit politischem Rückenwind
Der DAX verteidigte in der Vorwoche die Unterstützung um 23.350–23.500 Punkte und startet heute mit einem klaren Plus. Das Setup ist kurzfristig „risk-on“: Bank- und Versicherungswerte führen, zyklische Industrie holt auf, Defensives hinkt hinterher. Die implizite Volatilität bleibt erhöht, fällt aber von ihren Spitzen – typisch für einen beginnenden Rebound.
Treiber der Bewegung: Shutdown-Hoffnung, Zinsfantasie, Rohstofftakt
Der entscheidende Impuls kommt aus Washington: Ein prozeduraler Durchbruch im US-Senat nährt die Hoffnung, dass der längste Shutdown der US-Geschichte in Kürze beendet wird. Für die Märkte bedeutet das: weniger Wachstumseinbußen, geringeres Tail-Risk, mehr Visibilität bei Auftragseingängen – vor allem für exportlastige DAX-Konzerne. Auf der Zinsseite preist der Markt weiterhin eine zeitnahe Lockerung in den USA ein; das nimmt Tech und Wachstumswerten Druck und stützt gleichzeitig Kredit-und Versicherungsspannen. Öl legt moderat zu, was zyklischen Erwartungen entspricht, während Gold fester tendiert – ein Hinweis darauf, dass Anleger zwar Risiko eingehen, sich aber noch nicht vollständig von Absicherungen lösen.
Chancen und Risiken für Investoren
Chancen.
- Jahresendrally-Fenster: Saisonalität, abnehmende politische Risiken und ein technischer Bounce eröffnen die Chance auf einen Lauf in Richtung 24.500–24.800 Punkte.
- Re-Rotation in Europa: Bewertungsrabatte gegenüber den USA und ein wieder anziehender Auftragseingang in Industrie/Capex-Zyklen können europäische Zykliker beflügeln.
- Versicherer/Banken: Profitieren von steilerer Kurve, Kapitalmarktbelebung und anhaltend solider Kapitalisierung.
Risiken.
- Politische Volatilität: Kommt aus dem US-Repräsentantenhaus Gegenwind, drohen schnelle Rücksetzer.
- Datenrisiko: Überraschend starke US-Inflation oder ein Rücksprung der Renditen würden die Rally dämpfen.
- Währungsseite: Ein stärkerer Euro über 1,16/1,17 USD wäre kurzfristig Gegenwind für Exporteure.
Sektoren-Check: Wer gewinnt, wer verliert
Profiteure: Banken & Versicherer (Commerzbank, Deutsche Bank, Hannover Rück), Industrie/Export (Siemens, BMW, Mercedes-Benz Group), Energie-/Infrastrukturtechnik (Siemens Energy), Halbleiter-Zulieferer (Süss MicroTec, Infineon).
Nachzügler: Defensiver Konsum & Healthcare bei „risk-on“-Tagen; einzelne Chemiewerte bleiben daten-/china-sensitiv.
Konkrete Titelideen (These · Ziel · Rating · Zeithorizont)
- Hannover Rück (HNR1). Solide Combined Ratio, Preissetzungsmacht bei Erneuerungen. Ziel €230 (≈ +10–15 % Potenzial), Rating: Buy, Horizont: 6–9 Monate. Katalysatoren: Rückversicherungsrunden, Kapitalrückführungen.
- Commerzbank (CBK). Zinsmarge robust, Kosten-/Digitalstory intakt. Ziel €14, Rating: Overweight, Horizont: 3–6 Monate. Katalysatoren: Update zum NII-Ausblick, Aktienrückkauf/Dividendenpfad.
- Siemens Energy (ENR). Re-Rating nach operativen Fortschritten und besserer Risikovorsorge; hoher Hebel auf Netzausbau. Ziel €19, Rating: Outperform, Horizont: 6–12 Monate. Katalysatoren: Auftragseingang Grid, Guidance-Präzisierung.
- BMW (BMW). Hohe Free-Cash-Flow-Konversion, attraktive Ausschüttung; China-Risiko eingepreist. Ziel €100, Rating: Accumulate, Horizont: 6–12 Monate. Katalysatoren: Produktmix, Kapitalmarkt-Tag.
- Infineon (IFX). Zyklischer Bodenbildungstrade; Automotive/Power-Semi-Nachfrage bleibt strukturell stark. Ziel €41, Rating: Outperform, Horizont: 6–9 Monate. Katalysatoren: Book-to-Bill, Margenpfad.
- Süss MicroTec (SMHN). Auftragseingänge und Packaging-Trends treiben; Small/Midcap-Hebel in Erholungsphasen. Ziel €70, Rating: Buy, Horizont: 6–12 Monate. Katalysatoren: Großaufträge, Margenüberraschungen.
Absicherung/Alternativen: Wer zyklisches Beta scheut, kann das Engagement über einen EuroStoxx-50-ETF mit leichter Absicherung via Put-Spread strukturieren; Gold bleibt als Tail-Risk-Hedge interessant, solange Makrorisiken nicht komplett vom Tisch sind.
Rohstoffe & Devisen: Setup für die Woche
- Brent: Stabilisierung im mittleren 60er-Bereich je Barrel; Basisszenario 64–68 USD. Ein politisch getriebener Nachfrageimpuls würde die Oberseite öffnen; Überangebot bleibt Deckel.
- Gold: Fest über der 4.000-USD-Zone je Unze – Rate-Cut-Fantasie und politische Restunsicherheit stützen. Range-Trade, Rücksetzer bleiben kaufbar als Portfolio-Hedge.
- EUR/USD: 1,15–1,17 als Taktgeber. Ein klarer Shutdown-Deal und robuste US-Daten stützen den USD; weichere Daten/mehr Dovishness der Fed stützen den Euro. Vergleichspaare: USD/JPY (Rendite-/Carry-Barometer), EUR/GBP (europäischer Growth-Vergleich).
Prognose & Ausblick: Was realistisch ist
DAX-Basisszenario (2–4 Wochen): Rebound in die Zone 24.500–24.800. Alternative: Scheitert der US-Deal oder überraschen Renditen nach oben, droht ein Rücklauf auf 23.500/23.350. Jahresend-Case: Bei nachlassender Politikrisiko-Prämie sind 25.000+ erreichbar; Voraussetzung sind freundliche Daten und ruhige Anleihemärkte.
Handelsempfehlung
- DAX (Index-View): Kurzfristig: Neutral bis Accumulate – auf Rücksetzer Richtung 23.700/23.500 staffeln; Ziel 24.500, Abwärtsrisiko 23.350. Langfristig: Overweight – Bewertungsrabatt vs. USA und Capex-Zyklus sprechen für EU-Zykliker.
- Einzeltitel (Top-Picks): Hannover Rück (Buy, Ziel €230), Siemens Energy (Outperform, Ziel €19), Infineon (Outperform, Ziel €41), Commerzbank (Overweight, Ziel €14), BMW (Accumulate, Ziel €100), Süss MicroTec (Buy, Ziel €70).
- Rohstoffe/FX: Brent Neutral 64–68 USD; Gold Halten als Hedge; EUR/USD Neutral in 1,15–1,17.
Fazit
Der Wochenauftakt liefert genau das, was der Markt brauchte: ein politischer Deeskalations-Impuls und eine klare technische Antwort. Solange der US-Deal auf Kurs bleibt und die Renditen nicht nach oben ausbrechen, stehen die Chancen gut, dass der DAX die 24.500 testet. Anleger setzen taktisch auf Zykliker, Finanzwerte und Qualitäts-Export – mit wohldosierter Absicherung über Put-Spreads oder Gold. Rücksetzer bleiben Kaufgelegenheiten, solange 23.350 hält; darüber ist der Pfad des geringsten Widerstands kurzfristig aufwärts.




