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EZB belässt Leitzins bei 2,15 % – Wachstumssorgen und Unsicherheiten dominieren

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am 11. September 2025 den Leitzins auf dem bisherigen Niveau von 2,15 % belassen. Diese Entscheidung war weithin erwartet worden. Inzwischen hat sich die Inflation im Euroraum nahe dem Zielwert stabilisiert – im August lag die Teuerungsrate bei etwa 2,1 % – und das Wachstum bleibt gedämpft. Die jüngsten EZB-Projektionen sehen für 2025 ein reales Wachstum von rund 1,2 % vor (für 2026 etwa 1,0 %, 2027 etwa 1,3 %). Vor allem aber prägen etliche Krisen das Umfeld: Der anhaltende Handelskonflikt mit den USA, ein hoch bewerteter Euro und politische Unruhen – etwa die Regierungskrise in Frankreich – halten die Notenbanker in Alarmbereitschaft. In diesem von Unsicherheit geprägten Umfeld entschied sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde mehrheitlich dafür, den bisherigen Kurs beizubehalten und die geldpolitischen Instrumente weiterhin sorgsam zu dosieren.

EZB belässt Leitzins bei 2,15 % – Zinswende vertagt, Unsicherheit bleibt

Aktuelle Daten zeigen, dass sich die Inflation im Euroraum zuletzt nahe 2 % eingependelt hat, nachdem sie 2022 infolge von Energie- und Lieferkettenproblemen stark gestiegen war. Zugleich hat die EZB die Konjunktur als «in guter Verfassung» bezeichnet: Die Konsumausgaben und Investitionen ziehen an, und Europa profitiert von einer leichten Entspannung im Zollstreit. So einigten sich die EU und die USA darauf, beiderseits Zölle von rund 15 % auf industrielle Importgüter zu erheben, was zumindest temporär die Handelsunsicherheit mindert. Trotzdem gibt es deutliche regionale Unterschiede: In Frankreich etwa belastet die hohe Staatsverschuldung und die Regierungskrise die Märkte. Die Renditen zehnjähriger französischer Staatsanleihen liegen aktuell über denen von Griechenland, was neue Kredite für Paris deutlich verteuert. In Summe liefert die aktuelle Datenlage ein gemischtes Bild aus moderatem Wachstum und nachlassendem Inflationsdruck. Genau diese Unsicherheiten – internationale Handelskonflikte, Währungsschwankungen und geopolitische Spannungen – spielen die EZB weiter wachsam, sodass sie vorerst keine voreiligen Schritte unternimmt.

Motivation der EZB-Entscheidung

Die EZB begründet den Zinsstopp vor allem mit den anhaltenden Risiken. Einerseits nähern sich die Inflations- und Wachstumsaussichten dem Zielbereich: In ihren Projektionen erwartet die Notenbank für 2025 eine Gesamtinflation von rund 2,1 % und ein Wachstum von etwa 1,2 %. Andererseits verweisen die Währungshüter auf externe Belastungen. Lagarde nannte explizit höhere Handelszölle, einen starken Euro und wachsenden internationalen Wettbewerbsdruck als Faktoren, die das Wirtschaftswachstum weiterhin dämpfen dürften. Auch die politische Instabilität in Frankreich gibt Anlass zu Vorsicht: Die Sorge, dass Frankreichs Staatshaushalt außer Kontrolle gerät, hat die Renditeaufschläge für französische Anleihen deutlich steigen lassen. In den offiziellen Beschlüssen betonte der EZB-Rat, künftige geldpolitische Entscheidungen «von Sitzung zu Sitzung» an der Datenentwicklung auszurichten und sich bewusst nicht auf einen festen Zinspfad festzulegen. Die Mehrheit im Rat wollte vorerst keine Zinsänderung, um Spielraum für künftige Maßnahmen zu behalten.

Auswirkungen für Wirtschaft und Unternehmen

Für die realwirtschaftlichen Akteure bedeutet die Zinsstabilität im Wesentlichen Kontinuität. Unternehmen und Haushalte können sich weiterhin zu historisch niedrigen Konditionen verschulden, was Investitionen und Konsum stützt: Sinkende Kreditkosten wirken nach wie vor stimulierend auf Konjunktur und Baufinanzierungen. So lässt ein niedriger Einlagenzins der EZB allgemein günstigere Darlehenszinsen erwarten, was Investitionsvorhaben begünstigen kann. Für Unternehmen ist das Umfeld daher recht entspannt. Anders sieht es für Sparer und konservative Investoren aus: Die Banken geben die niedrigen EZB-Sätze nur zögerlich an die Kunden weiter, sodass Tages- und Festgeldzinsen kaum steigen. Viele Privatanleger erhalten weiterhin nur minimale Zinsen auf Einlagen. Hinzu kommt, dass Anleihekurse in einigen Ländern unter Druck geraten: Frankreich muss sich aktuell zu deutlich höheren Zinsen finanzieren als noch vor Monaten. Institutionelle Investoren beobachten dies genau, da weitere Kreditaufnahmen für angeschlagene Staaten teurer werden.

Geopolitische Aspekte

Auch geopolitische Faktoren bleiben für die Euro-Ökonomie relevant. Der Zollkonflikt mit den USA beeinflusst indirekt die EZB-Politik: Zwar wurde kürzlich ein Kompromiss zu Zöllen für Industriegüter gefunden, doch die globalen Handelsbeziehungen sind weiterhin volatil. Angesichts angekündigter Zinssenkungen der US-Notenbank verliert der Dollar tendenziell an Stärke, was den Euro stärkt – ein unerwünschter Effekt für Europas exportorientierte Wirtschaft. Die EZB steht daher unter dem Druck, einem übermäßig starken Euro entgegenzusteuern, um die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden. Hinzu kommen innenpolitische Risiken: Die Finanzmärkte spekulieren, ob die EZB bei einem Extremfall in besonders betroffenen Ländern – etwa stark steigenden Renditen in Frankreich – durch gezielte Anleihenkäufe eingreifen könnte. Dieses Instrument (das sogenannte Transmission Protection Instrument) erlaubt unbegrenzte Käufe, wenn die Renditen eines Staates «durch Finanzspekulation unverhältnismäßig» hochschnellen. Bislang betont die EZB jedoch, dass Eingriffe nur bei schweren Marktverwerfungen erfolgen würden. Insgesamt bleibt die geopolitische Lage für die EZB ein Faktor, der sowohl auf Inflation (etwa über Energiepreise) als auch auf Wechselkurse und Anleihemärkte einwirkt.

Ausblick und Prognose

Für die nähere Zukunft rechnet die EZB mit einer weiteren Abschwächung der Inflation auf den Zielwert hin. In den aktuellen Projektionen wird eine mittelfristige Inflationsrate von etwa 2,1 % für 2025, 1,7 % für 2026 und 1,9 % für 2027 erwartet. Das Wachstum im Euroraum soll dabei nur moderat anziehen: Für 2025 liegt das BIP-Wachstum bei rund 1,2 % (2026: 1,0 %, 2027: 1,3 %). Diese Zahlen sind im Vergleich zu früheren Prognosen leicht optimistischer, aber insgesamt spiegeln sie eher eine Stabilisierungs- denn eine Boom-Phase wider. Vor dem Hintergrund dieser moderaten Aussichten gehen die meisten Beobachter davon aus, dass die EZB im laufenden Jahr keine weiteren Zinssenkungen mehr vornehmen wird. Die Notenbanker selbst haben betont, dass sie die geldpolitische Ausrichtung weiterhin laufend anhand der aktuellen Wirtschaftsdaten überprüfen werden. Sollte die Inflation entgegen den Erwartungen unter die Zielmarke rutschen, bliebe aber Spielraum für Lockerungen. Im Allgemeinen ist jedoch zu erwarten, dass die EZB angesichts der derzeit stabilen Inflation und der vielfältigen Risiken vorerst eine abwartende Haltung beibehält. Vielerorts rechnen Analysten mit einer Phase weitgehend unveränderter Zinsen, bis sich Klarheit über den weiteren Verlauf der weltwirtschaftlichen Entwicklung ergibt.

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