Peking stockt seine Goldbestände in rasantem Tempo auf und heizt damit den globalen Goldmarkt an. In diesem Jahr kletterte der Goldpreis von Rekord zu Rekord und durchbrach Anfang Oktober erstmals die Marke von 4.000 US-Dollar je Feinunze. Bereits Mitte September hatte der Preis ein Allzeithoch von rund 3.707 US-Dollar erreicht – ein Anstieg von knapp 40 % seit Jahresbeginn, so stark wie zuletzt 1979. Chinas Zentralbank spielt dabei eine zentrale Rolle: Aggressive Käufe der People’s Bank of China (PBoC) haben das Reich der Mitte binnen kurzer Zeit zum größten Goldnachfrager unter den Notenbanken gemacht. Beobachter fragen sich, wie weit diese Goldstrategie noch geht und welche Ziele Peking damit verfolgt.
Während westliche Investoren zuletzt verkauften, schlägt China zu: Allein 2023 erwarb die chinesische Zentralbank offiziell 225 Tonnen Gold – so viel wie kein anderer Staat. In jedem der vergangenen elf Monate meldete die PBoC einen Zukauf, zuletzt im September weitere 1,2 Tonnen. Offiziell belaufen sich Chinas Goldreserven damit nun auf rund 2.300 Tonnen – doppelt so viel wie noch vor einem Jahrzehnt. Doch inoffiziell könnten die Bestände sogar noch höher liegen; westliche Analysten vermuten, dass staatliche Stellen heimlich weitere Goldvorräte in China lagern. Die große Frage lautet: Warum häuft China so entschlossen Gold an und welche Auswirkungen hat das auf Wirtschaft und Geopolitik?
Aktuelle Lage: Rekordkäufe und Handelsströme
Chinas Goldstrategie zeigt sich zunächst in den blanken Zahlen. Seit Ende 2022 kauft die PBoC nahezu jeden Monat zusätzliches Gold für die Staatsreserven. Im Jahr 2023 kamen auf diesem Wege 225 Tonnen zusammen, womit China erstmals zum größten offiziellen Goldkäufer der Welt aufstieg. Im vergangenen Jahr (2024) fielen die Zukäufe mit 44 Tonnen moderater aus, doch 2025 setzt sich der Trend fort: Bis einschließlich August hat Chinas Notenbank bereits weitere 21 Tonnen erworben. Offiziell lagerten damit im Juli 2025 rund 2.300,4 Tonnen Gold in den Tresoren der PBoC – ein Wert von etwa 244 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Die US-Notenbank hält unverändert über 8.133 Tonnen Gold und verfügt damit über die weltweit größten Reserven.
Bemerkenswert ist, dass Chinas Goldhunger just in einer Phase stark gestiegen ist, in der der Goldpreis sehr hoch steht. Üblicherweise treten Zentralbanken bei Rekordpreisen auf die Bremse und kaufen weniger. Doch derzeit herrscht eine besondere Unsicherheit an den Märkten – vom Ukrainekrieg bis zu Handelskonflikten – die Gold als Krisenversicherung attraktiv macht. „Die Unsicherheit selbst ist systemisch geworden“, konstatiert die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) und verweist darauf, dass Schwellenländer besonders betroffen sind. In diesem Umfeld kauft China unbeirrt weiter Gold, anstatt hohe Kurse abzuwarten – ein bewusster Bruch mit früheren Gewohnheiten.
Parallel zu den Zentralbankkäufen steigen auch Chinas Goldimporte stark an. 2022 führte China (inklusive Hongkong) über 524 Tonnen Gold aus der Schweiz ein – so viel wie seit 2018 nicht mehr. Die Schweiz ist ein zentrales Drehkreuz des Goldhandels und verzeichnete, dass im Jahr 2022 ungewöhnlich große Mengen des Edelmetalls aus westlichen Tresoren nach Asien abflossen. Dieser Trend setzt sich fort: Im August 2025 schnellten die Schweizer Goldlieferungen nach China um 254 % gegenüber dem Vormonat in die Höhe – auf 35 Tonnen allein in einem Monat. Gleichzeitig brachen die Ausfuhren in die USA nahezu ein, was zeigt, wie sich die Handelswege verschieben. Hintergrund sind auch geopolitische Faktoren: Nachdem Washington Strafzölle auf Schweizer Edelmetalle verhängt hat, wird mehr Gold Richtung Osten umgeleitet. China profitiert von diesem Umweg, denn es kann so seine Goldbestände über den Weltmarkt weiter ausbauen.
Neben Importen aus der Schweiz zapft China auch andere Quellen an. Russland etwa – aufgrund westlicher Sanktionen vom europäischen Goldmarkt weitgehend ausgeschlossen – fand in China einen willigen Abnehmer für sein Gold. Bereits 2022 erhöhte China laut Handelsdaten seine Goldbezüge aus Russland deutlich. Zudem fördert China im eigenen Land kräftig: Mit rund 8 % der Weltproduktion ist das Land der größte Goldproduzent der Erde. Ein erheblicher Teil des heimisch geförderten Goldes verbleibt direkt im Land. Die Kombination aus eigener Minenproduktion und Importen entlang neuer Handelsrouten (z. B. via Asien und Nahost) erlaubt es Peking, seine Goldstrategie auf mehreren Wegen voranzutreiben.
Motivation: Politische und wirtschaftliche Hintergründe
Was treibt China an, so viel Gold zu kaufen? Die Beweggründe liegen sowohl in der Politik als auch in ökonomischen Überlegungen. Ein zentrales Motiv ist die Diversifizierung der Währungsreserven – weg vom US-Dollar. Noch immer hält China Hunderte Milliarden Dollar an US-Staatsanleihen, doch die Führung in Peking sieht darin ein Klumpenrisiko. Die harten Finanzsanktionen gegen Russland wirkten hier als Weckruf: 2022 fror der Westen rund 300 Milliarden Dollar russischer Zentralbankreserven ein. Moskau konnte fortan nur noch auf heimisches Gold und chinesische Yuan-Anlagen zugreifen. Dieses Beispiel alarmierte viele Schwellenländer – auch China. „Einige Länder fürchten Sanktionen oder erwarten Veränderungen im internationalen Währungssystem“, heißt es in einer aktuellen Studie der Europäischen Zentralbank. Tatsächlich gab in einer Umfrage jeder vierte Notenbanker aus Schwellen- und Entwicklungsländern an, dass Sanktionsrisiken ein Faktor bei der Entscheidung für Goldkäufe sind. Gold liegt physisch im eigenen Tresor und kann – anders als Devisen auf Auslandskonten – nicht von fremden Mächten eingefroren werden.
Hinzu kommt der langfristige geopolitische Plan Chinas, die eigene Währung zu stärken. Die Renminbi (Yuan) soll international an Gewicht gewinnen und eines Tages vielleicht in Konkurrenz zum Dollar treten. Große Goldreserven stützen dieses Ansinnen indirekt: Sie untermauern das Vertrauen in die finanzielle Stabilität und Unabhängigkeit Chinas. Ein Insider formulierte es so: „Die USA haben über 8.000 Tonnen Gold, unsere Reserven sollten mindestens 5.000 Tonnen betragen“. Dieses inoffizielle Ziel – das mehr als einer Verdoppelung der aktuellen Bestände entspricht – wird mit Chinas gewachsener Wirtschaftsmacht begründet. Gemessen am BIP ist Chinas Ökonomie inzwischen rund 64 % so groß wie die der USA; überträgt man dieses Verhältnis auf die Goldreserven, stünden Peking sogar über 5.200 Tonnen zu. Entsprechend verwundert es nicht, dass bereits 2009 erstmals ein Ziel von 5.000 Tonnen Goldreserven für China ins Spiel gebracht wurde. Peking will seinen internationalen Status auch durch finanzielle Reserven unterstreichen.
Nicht zu unterschätzen ist zudem die Funktion von Gold als Absicherung gegen Inflation und Finanzmarktkrisen. Zentralbanken weltweit schätzen Gold als wertbeständigen „sicheren Hafen“ in stürmischen Zeiten. China bildet da keine Ausnahme. Angesichts von Unsicherheiten – vom schleppenden Immobiliensektor im eigenen Land bis zu globalen Konjunkturrisiken – ist Gold für Peking ein strategischer Puffer. „Wir werden weitere Nachfrage von der PBoC sehen, da China seine Reserven diversifiziert und ent-dollarisisiert“, sagt etwa Analyst David Wilson von BNP Paribas. Die politische Führung knüpft an Gold auch ein Stück Souveränität: Je mehr vom eigenen Vermögen in Gold statt in Dollar-Anleihen steckt, desto weniger abhängig fühlt man sich von Launen und Konflikten mit Washington.
Auswirkungen auf Märkte und Unternehmen
Chinas Goldkurs hat spürbare Folgen für die internationalen Märkte. Durch die enorme Nachfrage der Notenbanken – allen voran China – erlebt der Goldmarkt einen historischen Nachfrageschub. Im Jahr 2022 kauften die Zentralbanken weltweit netto über 1.080 Tonnen Gold, so viel wie noch nie seit Aufzeichnungsbeginn, und 2023 lagen die Käufe mit 1.037 Tonnen kaum geringer. Diese Entwicklung hat das Kräfteverhältnis am Goldmarkt verschoben: 2024 entfielen über 20 % der weltweiten Goldnachfrage auf Zentralbanken, während es im Schnitt der 2010er Jahre nur etwa 10 % waren. Gold ist damit (nach US-Dollar-Anlagen) zum zweitwichtigsten Reserveasset geworden. Die Konsequenz: Ein beträchtlicher Teil der jährlichen Goldproduktion wird vom offiziellen Sektor absorbiert, was das Angebot für private Investoren verknappt und tendenziell den Preis treibt.
Tatsächlich erweist sich der Goldpreis als äußerst robust. Die massive Kauflaune Chinas – zusammen mit anderen Käufern wie Indien, der Türkei oder Polen – hat dazu beigetragen, dass Gold trotz steigender Zinsen teurer statt billiger wurde. Die Rekordjagd des Jahres 2025 mit Preisen jenseits der 4.000 $/Unze unterstreicht das deutlich. Zentralbanken agieren dabei quasi als starke Hände am Markt: Sie verkaufen so gut wie nie, kaufen aber stetig hinzu. Für Goldminen-Unternehmen und Händler bedeutet dies Rückenwind. Hohe Preise und verlässliche Großabnehmer verbessern die Gewinne der Förderer – vom südafrikanischen Minenkonzern bis zum kanadischen Goldgräber. Chinesische Bergbauunternehmen selbst investieren verstärkt in Minen im In- und Ausland, um die Versorgung zu sichern. So flossen allein 2024 über 21 Milliarden Dollar chinesischer Investitionen in Auslandsminenprojekte (von Kupfer bis Gold) im Rahmen der Neuen Seidenstraße. Diese Strategie stellt sicher, dass die Goldbeschaffung auf lange Sicht nicht an fehlendem Rohstoffnachschub scheitert.
Auch die Handels- und Logistikbranche spürt die Umwälzung. Weil traditionell große Goldlieferanten wie die Schweiz nun vermehrt Richtung Asien liefern, verschieben sich globale Routen. Frachtmaschinen voller Goldbarren steuern statt New York eben Schanghai oder Dubai an. Die Handelsvolumina an asiatischen Börsen und Goldhandelsplätzen steigen. In Shanghai hat die Goldbörse SGE in den letzten Jahren Rekordumsätze verzeichnet, da immer mehr physisches Gold dort gehandelt und ausgeliefert wird. Nicht zuletzt profitieren auch Finanzdienstleister: Banken, die Goldtransaktionen abwickeln oder Tresorkapazitäten anbieten, erhalten durch Chinas Hunger nach dem Edelmetall zusätzliche Aufträge. Insgesamt sorgt Chinas Einkaufstour für eine Renaissance des Goldes als Anlageklasse. Gold avanciert wieder zum Gesprächsthema an den Börsen und in den Vorstandsetagen – denn wenn die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft demonstrativ auf Gold setzt, können sich weder Märkte noch Unternehmen dem entziehen.
Geopolitische Allianzen und Konsequenzen
Chinas Goldpolitik strahlt weit über den Finanzsektor hinaus und beeinflusst geopolitische Konstellationen. Der intensive Goldaufbau ist Teil einer größeren Strategie, alternative Macht- und Allianzinstrumente zu schaffen, die außerhalb der von den USA dominierten Finanzarchitektur liegen. Zusammen mit anderen großen Schwellenländern – allen voran Russland – bildet China eine informelle Allianz der „Ent-Dollarisierten“. Moskau und Peking haben ihre finanzpolitische Kooperation in den letzten Jahren vertieft; ein wichtiger Bestandteil ist die Abkehr vom Dollar im bilateralen Handel. Gold dient hier als symbolisches Bindeglied: Beide Länder betrachten das Edelmetall als ultimativen Wertanker jenseits westlicher Kontrolle. Russland hat seit 2014 konsequent Gold gehortet und seinen Dollar-Anteil an den Reserven reduziert. Nach dem Ukrainekrieg 2022 intensivierte es diesen Kurs – mit offensichtlicher Zustimmung Chinas, das russisches Gold annimmt und im Gegenzug verstärkt in Yuan handelt. Diese Achse Peking-Moskau etabliert de facto ein zweites Finanzsystem, in dem Gold und lokale Währungen (statt Dollar) eine größere Rolle spielen.
Darüber hinaus nutzt China das Goldthema, um die Zusammenarbeit mit anderen Ländern zu fördern. Im erweiterten Kreis der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika und neue Mitglieder wie Saudi-Arabien) wird offensiv über monetäre Alternativen diskutiert. Auf dem BRICS-Gipfel 2023 stand etwa der Vorschlag im Raum, eine gemeinsame goldgedeckte Handelswährung zu schaffen. Zwar existiert ein solches Projekt bislang nur auf dem Papier, doch allein die Diskussion zeigt den geopolitischen Impuls: Gold wird als Instrument gesehen, um westliche Vorherrschaft – insbesondere die des US-Dollars – herauszufordern. Einige Experten sprechen bereits von einem möglichen neuen „Goldblock“: Länder der sogenannten Globalen Süden könnten ihre Goldreserven bündeln oder gegenseitig zugänglich machen, um ihre finanzielle Autonomie zu stärken. China hat signalisiert, dass befreundete Staaten ihre Goldbestände bei Bedarf in chinesischen Tresoren lagern können – ein Angebot, das Vertrauen schaffen und Pekings Rolle als stabiler Partner untermauern soll.
Die Auswirkungen dieser Entwicklungen sind auf der weltpolitischen Bühne spürbar. Staaten wie die Golfemirate oder die Türkei, die zwischen den Lagern stehen, intensivieren ebenfalls ihre Goldkäufe und halten sich so Optionen offen. Gold wird damit zu einer Art diplomatischer Währung: Länder mit hohen Goldreserven verschaffen sich im Zweifel mehr Resilienz gegenüber finanziellem Druck von außen. Das wiederum beeinflusst geopolitische Allianzen. Chinas Engagement in Afrika und Lateinamerika – etwa im Rahmen der Neuen Seidenstraße – umfasst auch den Zugang zu Rohstoffen wie Gold. Durch Investitionen in Infrastruktur und Bergbau sichert sich Peking Goodwill und Ressourcen in diesen Regionen. Im Gegenzug profitieren viele Entwicklungsländer von chinesischem Kapital. Diese wachsende Verflechtung abseits westlicher Institutionen (Weltbank, IWF) mindert mittelbar die Reichweite westlicher Sanktionen oder Druckmittel. Kurz: Chinas Goldstrategie stärkt ein Netzwerk von Ländern, die weniger abhängig vom westlichen Finanzsystem sein wollen, und trägt so zur Ausbildung alternativer Machtzentren bei.
Ausblick: Prognosen und westliche Reaktionen
Wie geht es weiter mit Chinas Goldhunger – und wie reagieren die westlichen Staaten darauf? Experten sind sich einig, dass Peking seinen Kurs vorerst fortsetzen wird. „Wir werden weiter Nachfrage der PBoC sehen“, prognostiziert BNP-Paribas-Analyst Wilson mit Blick auf Chinas Diversifizierungsstreben. Konkrete Ziele hält die chinesische Führung geheim, doch viele Analysten halten es für plausibel, dass China perspektivisch 4.000 bis 5.000 Tonnen Gold anstrebt. Damit würde es zur zweitgrößten Goldnation nach den USA aufsteigen. Einige Marktbeobachter gehen noch weiter: Der langjährige Stratege Ed Yardeni etwa traut Gold angesichts der globalen Entdollarisierung eine Preisrally auf 5.000 US-Dollar je Unze bis 2026 zu – und sogar bis zu 10.000 $ in den Jahren danach, falls der Trend anhält. Eine solche Entwicklung würde China, das jetzt schon enorme Bestände hält, einen gewaltigen Buchgewinn bescheren und seine Finanzmacht weiter ausbauen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob die momentane Goldhausse von Dauer ist oder ob bei einer Beruhigung der Weltlage Korrekturen folgen.
Die Reaktionen des Westens auf Chinas Goldstrategie fallen differenziert aus. Offiziell geben sich die wirtschaftlichen Führungsmächte gelassen. „Ich sehe keine Gefahr für den Dollar als Leitwährung“, betonte US-Finanzministerin Janet Yellen Ende 2024 und verwies darauf, dass keine andere Währung die globale Rolle des Dollars übernehmen könne. Tatsächlich bleibt der Greenback in Welt-Handel und Finanzsystem vorerst ohne echte Alternative. Washington beobachtet Chinas Bestrebungen zwar aufmerksam, doch unmittelbarer Handlungsbedarf wird verneint. Auch die Europäische Zentralbank hält an der Bedeutung des Dollar-Systems fest, hebt aber gleichzeitig die traditionelle Rolle von Gold als „Vertrauensanker“ hervor. Viele westliche Zentralbanken besitzen selbst hohe Goldreserven – die USA decken etwa 78 % ihrer Reserven durch Gold, Deutschland rund 75 % – und sehen darin eine langfristige Wertanlage. Es besteht also kein Druck, dem chinesischen Kaufrausch hektisch etwas entgegenzusetzen, zumal der Westen sein „Goldpolster“ bereits hat. Im Gegenteil: Die Bundesbank erklärte jüngst, trotz Rekordpreis kein Gold zu verkaufen; man belasse die deutschen Barren sicherheitshalber in den Tresoren der Federal Reserve in New York. Dieses Festhalten am Status quo signalisiert: Der Westen vertraut auf die bewährten Strukturen und seine bestehenden Goldschätze.
Gleichwohl gibt es in westlichen Staaten leise Zeichen der Anpassung. Polen etwa hat in den letzten Jahren massiv Gold zugekauft – insgesamt 287 Tonnen seit 2023 – und damit seinen angestrebten Goldanteil an den Reserven von 20 % erreicht. Die polnische Notenbank begründete dies explizit mit geopolitischen Risiken durch den Ukrainekrieg. Auch andere Länder Mittel- und Osteuropas wie Ungarn oder Tschechien erhöhten zuletzt ihre Bestände. Diese Entwicklung zeigt, dass westliche Alliierte, insbesondere jene nahe potenzieller Krisenherde, Gold ebenfalls als Sicherheitsnetz betrachten. Insgesamt bleibt der Dollar aber vorerst das Rückgrat des internationalen Finanzsystems – daran ändern auch Chinas Umschichtungen kurzfristig nichts. Langfristig allerdings zeichnet sich ein multipolareres Währungsumfeld ab. Sollten immer mehr Staaten – ob Freund oder Rivale des Westens – ihre Reserven in Gold und anderen Währungen halten, könnte die Dominanz des Dollars allmählich erodieren.
Für den Moment jedoch profitieren alle Seiten vom hohen Goldpreis. Westliche Goldminen-Unternehmen verbuchen Rekordgewinne, und Länder wie Australien, Kanada oder die USA freuen sich über sprudelnde Exporterlöse aus Gold. Ironischerweise beschert Chinas Goldhunger also auch manchen westlichen Unternehmen ein gutes Geschäft. Die politische Spannung bleibt dennoch bestehen: Gold ist mehr denn je auch ein Politikum. Peking wird seine Strategie wohl so lange intensiv betreiben, bis es sein finanzielles Sicherheitsnetz ausreichend groß gespannt sieht. Dabei will China den Markt keinesfalls aufspüren, sprich: durch überhastete Käufe die Preise explodieren lassen – wie Analyst Ross Norman anmerkt, agiert Peking mit bedacht, „ohne den Markt unnötig hochzutreiben“. In der Praxis bedeutet das vermutlich ein stetiges, aber moderates Weiterkaufen.
Fazit: China hat Gold als strategisches Asset neu entdeckt und baut still und leise an einer goldgedeckten Machtbasis. Die Motive reichen von finanzieller Selbstverteidigung über internationale Statusambitionen bis zur Vorbereitung auf potenzielle Krisen. Damit einher geht eine Verschiebung im globalen Finanzgefüge: Gold rückt wieder ins Zentrum – zur Freude der Märkte, zur Besorgnis mancher Politiker. Ob dieser Goldkurs am Ende aufgeht, wird die Zukunft zeigen. Fest steht, dass Chinas wachsendes Goldvermögen bereits jetzt für eine neue Dynamik in der Weltwirtschaft sorgt. Die kommenden Jahre dürften spannend bleiben – in ihnen wird sich entscheiden, ob das glänzende Metall tatsächlich zum Schlüssel in Chinas großem Plan wird, die finanzielle Weltordnung mitzugestalten.




